New York – Die USA erhöhen Zölle für Dutzende Länder. Darauf reagiert China und erhebt ebenfalls höhere Importgebühren. Das lässt sich Trump nicht gefallen: Er legt nach. Gleichzeitig nimmt er jedoch mehrere Länder von den Strafzöllen aus. Die USA heben die reziproken Zölle für 75 Länder für 90 Tage auf. US-Präsident Donald Trump schrieb auf Truth Social, er habe mit dem Handelsministerium, Finanzministerium und Handelsbeauftragten gesprochen, um dies "mit sofortiger Wirkung" umzusetzen. Es handle sich dabei um Länder, die "auf meinen Rat hin keine Vergeltungsmaßnahmen gegen die Vereinigten Staaten ergriffen haben". Diese Staaten werden fortan wieder mit dem regulären Zollsatz von 10 % belegt.
Das teilweise Einlenken von US-Präsident Donald Trump im internationalen Zollkonflikt sorgt für etwas Erleichterung bei Handelspartnern und für Euphorie an den Börsen. Trump hatte nach großen Turbulenzen an den Aktien- und Finanzmärkten überraschend entschieden, vielen Staaten 90 Tage lang eine Pause von bestimmten Zöllen zu gewähren. Allerdings ging er mit zusätzlicher Härte gegen China vor und erhöhte die Abgaben auf chinesische Einfuhren noch weiter. Sein Hin und Her bei den Zöllen und die daraus folgenden Marktschwankungen rufen viel Kritik hervor – und werfen Fragen nach möglichem Insider-Handel auf.
Was genau hat Trump entschieden?
Trump setzte einige, gerade erst in Kraft getretene Zölle für 90 Tage aus. Während dieses Zeitraums gelte ein gesenkter Zollsatz in Höhe von 10 % für alle betroffenen Länder bis auf China, verkündete er auf der Online-Plattform Truth Social. Damit legte der US-Präsident einen Teil seines erst vor wenigen Tagen verkündeten gewaltigen Zollpakets vorerst auf Eis.
Das Paket bestand aus zwei Stufen: In einem ersten Schritt führte die US-Regierung neue pauschale Zölle in Höhe von 10 % auf Importe aus fast allen Ländern ein, die sollen auch bleiben. Für viele Staaten wurden aber in einem zweiten Schritt je nach Handelsdefizit noch deutlich höhere individuelle Strafabgaben verhängt, und diese werden nun vorerst ausgesetzt.
Während der 90-tägigen Pause soll es Verhandlungen mit den betroffenen Staaten geben. Trump nennt als Ziel, andere Länder mit Hilfe der Zölle dazu zu zwingen, Handelsbarrieren für deren Einfuhren aus den USA abzubauen.
Was ist mit anderen Zöllen?
Bereits zuvor hatte Trump Zölle auf bestimmte Einfuhren wie Autos, Stahl und Aluminium verhängt – unabhängig davon, aus welchem Land sie kommen. Diese Zölle sind nach allem, was bekannt ist, weiter in Kraft. Allerdings lieferte die US-Regierung nur spärliche Informationen zu Trumps unerwarteter Kehrtwende und stiftete mit ihrer Kommunikationspolitik einige Verwirrung.
Was bedeutet die Entscheidung für Deutschland und die EU?
Für Handelspartner aus der Europäischen Union und damit auch für Deutschland werden die jüngst verhängten US-Zölle durch den Schritt halbiert. Mit Trumps großem Zollpaket hatten die USA auf Einfuhren aus der EU ursprünglich Zölle in Höhe von insgesamt 20 % verhängt. Nun gelten – zumindest für 90 Tage – erst einmal 10 %.
An den Aktienmärkten löste der Schritt dennoch große Erleichterung aus. Trumps Entscheidung katapultierte die US-Börsen nach tagelanger Talfahrt nach oben. Der Dow Jones Industrial machte die Kursverluste der vergangenen drei Handelstage innerhalb von Minuten wett und schloss mit einem Plus von 7,87 % bei 40.608,45 Punkten. Für den marktbreiten S&P 500 ging es am Ende um 9,52 % auf 5.456,90 Zähler aufwärts. Der von den großen Technologieaktien dominierte Nasdaq 100 gewann gar 12,02 % auf 19.145,06 Punkte.
Wie kam es zu dem Schwenk?
Mit der Einführung der Zölle hatte der Präsident die Talfahrt überhaupt erst ausgelöst. Ökonomen sahen ein erhöhtes Risiko für eine Rezession in den USA. In der Nacht auf Mittwoch zeichnete sich zugleich ab, dass Investoren US-Staatsanleihen abstoßen könnten – eine besorgniserregende Entwicklung für die Zukunft der amerikanischen Staatsfinanzen. Marktbeobachter mutmaßen, dass dies die Zollpause herbeigeführt haben könnte. US-Handelsminister Howard Lutnick bestritt das in einem Interview des Senders CNBC.
Trump selbst sagte zur Begründung für sein überraschendes Umschwenken, "die Leute" seien etwas unruhig und "ein bisschen ängstlich" geworden. Es gelte eben: "Man muss flexibel sein." Allerdings könnte auch Trumps eigene Nervosität eine Rolle gespielt haben. Börsenkurse sind etwas, was der Republikaner besonders aufmerksam verfolgt und was ihn bewegt.
Was ist mit den Zöllen gegen China?
Einen konsequenten Kurs verfolgt Trump dagegen mit Blick auf China. Der Handelskonflikt zwischen den beiden größten Volkswirtschaften spitzt sich dramatisch zu. Während Trump anderen Ländern eine zumindest teilweise Atempause bescherte, erhöhte er den Zollsatz auf Einfuhren aus China mit sofortiger Wirkung noch einmal – von 104 auf 125 %.
Zuletzt hatte Peking als Antwort auf eine vorherige US-Zollerhöhung in Höhe von 50 % Gegenzölle im gleichen Umfang verkündet, die Sonderzölle auf alle US-Einfuhren sollten demnach 84 % betragen. Offen ist nun, ob Peking seinerseits mit einer weiteren Eskalation auf Trumps jüngsten Vorstoß reagiert.
Die 90-tägige Pause sorgte bereits für ein Aufatmen an den Börsen weltweit. Allerdings sollte man die nach wie vor vorhandene Volatilität nicht aus den Augen verlieren. Denn wenn eines sicher sein dürfte, dann, dass Donald Trump alles andere als eine sichere Wette ist. So schnell, wie der US-Präsident etwas festlegt, so schnell kann er es auch wieder widerrufen. Anleger dürften in den kommenden Jahren starke Nerven brauchen.