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Wenig Lust auf Firmenübernahmen in Deutschland

Bei Firmen-Fusionen und -Übernahmen in Deutschland herrscht in diesem Jahr weitgehend Flaute. Nach den ersten neun Monaten (Stand: 13. September) liegt das Volumen auf dem deutschen M&A-Markt mit 79,4 Mrd. $ um ein Viertel unter dem Vorjahreswert - und auf dem niedrigsten Niveau seit 2012. Dabei mangelt es vor allem an großen Transaktionen, wie aus den "League Tables" des Börsenbetreibers und Finanzdatenanbieters LSEG hervorgeht. Denn die Zahl der Übernahmen und Fusionen mit deutscher Beteiligung ist mit 1970 die dritthöchste seit 2007.

Vor allem die Käufer aus Deutschland fehlen: Sie gaben für Übernahmen im Ausland 17,1 Mrd. $ aus, so wenig wie zuletzt 2015. Auch für Käufer aus dem Ausland sind Firmen aus Deutschland weniger attraktiv. Allein der 13,2 Mrd. $ schwere Verkauf des hessischen Heiztechnik-Konzerns Viessmann in die USA steht für 30 % des Transaktionsvolumens. So aktiv wie nie sind Finanzinvestoren: Sie schluckten seit Jahresbeginn 504 deutsche Unternehmen und gaben dafür 19,1 Mrd. $ aus.

 

Die größten Übernahmen:

  • Für zwölf Milliarden Euro verkauft die Familie Viessmann die dominierende Heiztechnik-Sparte ihrer gleichnamigen Firma an Carrier Global. Sie befürchtete, bei der Umstellung von Gas- und Öl-Heizungen auf Wärmepumpen im internationalen Vergleich zu klein zu sein. Die Übernahme hat eine politische Diskussion ausgelöst, ob die "Wärmewende" der Bundesregierung die deutschen Hersteller nicht überfordert. Den Kaufpreis erhält die Familie größtenteils in bar, für die restlichen 2,4 Mrd. € bekommt sie Carrier-Aktien.
  • Rund vier Jahre nach der Übernahme hat SAP die US-Datenanalyse-Tochter Qualtrics wieder verkauft. 7,7 Mrd. $ bekommt der Walldorfer Softwarekonzern für seinen 71-%-Anteil vom Finanzinvestor Silver Lake und dessen Partner, dem kanadischen Pensionsfonds CPPIB. Insgesamt legen die neuen Eigentümer 11,6 Mrd. $ auf den Tisch, um Qualtrics von der Börse zu nehmen. SAP hatte das US-Unternehmen 2019 für 8 Mrd. $ vom Firmengründer Gründer Ryan Smith gekauft und später an die Börse gebracht.
  • Mit der 4,3 Mrd. € schweren Übernahme des dänischen Finanzsoftware-Spezialisten SimCorp will die Deutsche Börse ihr Geschäft mit Dienstleistungen für Vermögensverwalter ausbauen. Das Angebot an die SimCorp-Aktionäre läuft noch. Das an der Kopenhagener Börse gelistete Unternehmen arbeitet seit zwei Jahren mit der Deutsche-Börse-Tochter Qontigo zusammen. Der Daten- und Analyse-Spezialist, Simcorp und der Stimmrechtsberater ISS sollen in einem neuen Segment gebündelt werden.
  • Der US-Pharma- und Medizintechnik-Konzern Baxter International hat seine Biopharma-Sparte für 4,25 Mrd. $ an ein Konsortium um die Finanzinvestoren Advent und Warburg Pincus verkauft. Ein Großteil davon, Baxter Oncology, sitzt in Halle in Westfalen, weshalb die Transaktion mit 2,97 Mrd. $ in die deutsche Übernahmen-Rangliste eingeht.
  • *Der britische Finanzinvestor Cinven hatte die Münchner Synlab zu Europas größter Laborkette ausgebaut und vor zwei Jahren an die Börse gebracht. Doch dort war - vor allem nach dem Abflauen des Corona-Test-Booms - schnell die Luft aus dem Kurs. Nun überlegt Cinven, die restlichen Anteile wieder zurückzukaufen und das Unternehmen von der Börse zu nehmen. Bei einem avisierten Kaufpreis von 10 € je Aktie würde Synlab einschließlich Schulden mit 2,97 Mrd. $ bewertet. Das offizielle Angebot steht aber noch aus.
  • Die größten Transaktionen im dritten Quartal schafften es in den "League Tables" nur auf die Plätze sechs bis acht: Der 2,8 Mrd. $ schwere Verkauf der Steag an die spanische Asterion, die französische Biotech-Firma Polyplus, die für 2,6 Mrd. $ an Sartorius geht, und die Software AG, die sich für 2,5 Mrd. $ der Finanzinvestor Silver Lake schnappte.