Wall_Street_2.jpg
@GettyImages

US-Bilanzsaison läuft auf Hochtouren

Während hierzulande die Berichtssaison langsam beginnt, läuft sie in den USA bereits auf Hochtouren. Auch in dieser Woche haben einige Unternehmen ihre Bücher geöffnet. 

  • Anders als bei vielen Konkurrenten sorgt der Anstieg des Leitzinses bei Goldman Sachs nicht für volle Kassen. Für die Investmentbank entwickelte sich das 2. Quartal zu einem der schwächsten unter Konzernchef David Solomon. So brachen die Gebühreneinnahmen im Investmentbanking und Erträge im Handel mit Anleihen, Währungen und Rohstoffen signifikant ein. Die Gesamterträge gingen mit 10,9 Mrd. $ um satte 8 % zurück. Weil Goldman Sachs zudem fast 1 Mrd. $ auf Immobilien und das Privatkundengeschäft abschrieb, sackte der Quartalsgewinn sogar um 58 % auf gut 1,2 Mrd. $ ab. Für drohende Kreditausfälle legte das Unternehmen derweil nochmals gut 615 Mio. $ zurück.

Zwar kann sich Goldman Sachs derzeit nicht aus seiner Seitwärtslage befreien, langfristig ist und bleibt der Wert jedoch im Depot eingebucht; (B+). 

  • Höhere Zinsen haben der Bank of America in den 3 Monaten bis Ende Juni deutliche Zuwächse beschert. Der Zinsüberschuss sprang im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 14 % auf 14,2 Mrd. $ in die Höhe, was die gesamten Erträge um 11 % auf 25,2 Mrd $ ansteigen ließ. „Wir sehen weiterhin eine gesunde US-Wirtschaft, die allerdings langsamer wächst“, so Konzernchef Brian Moynihan. Unter dem Strich erzielte das Institut rund 7,4 Mrd. $ und damit etwa 19 % mehr als ein Jahr zuvor, legte derweil aber 1,1 Mrd. $ für mögliche Kreditausfälle zurück. Das ist mehr als doppelt so viel wie ein Jahr zuvor.

Aktuell probiert sich die Bank of America an einem Erholungsversuch. Bei dem akt. Kursniveua kann man hier spekulativ nachkaufen; (A–).

  • Der Pharma- und Konsumgüterkonzern Johnson & Johnson hebt nach einem unerwartet starken 2. Quartal ein weiteres Mal seine Prognose für das Jahr an. Zwischen April und Juni hat das Unternehmen vor allem von einem starken Medizintechnikgeschäft profitiert. Aber auch das vor der Abspaltung stehende Konsumentengeschäft und die Pharmasparte konnten zulegen. Im abgelaufenen Quartal stieg der Umsatz trotz Einbußen im Corona-Geschäft im Vergleich zum Vorjahr um gut 6 % auf 25,5 Mrd. $. Unter dem Strich kletterte der Überschuss um knapp 7 % auf 5,1 Mrd. $. Das Management peilt nun auf Jahressicht abseits des Corona-Impfstoffs einen Erlös in der Spanne von 98,8 bis 99,8 Mrd. $ an. In der Mitte der Bandbreite wäre dies ein Plus von 7 % im Vergleich zum Vorjahr. Bereits im April hatte der Konzern nach einem starken Jahresstart die Prognose angehoben – die neuen Ziele liegen nun an beiden Enden der Spanne nochmals um 0,9 Mrd. $ höher.

Erst vor wenigen Tagen hat J&J im Streit um mutmaßlich asbestverseuchtes Talkumpuder einen Rückschlag erlitten. Das Unternehmen muss 18,8 Mio. $ an einen 24-jährigen Krebspatienten zahlen, entschied ein kalifornisches Gericht. Allerdings gab das Unternehmen bereits bekannt, auch hier in Berufung gehen zu wollen.

Der immer wieder aufkommende Streit um das verseuchte Babypuder macht J&J weiter zu schaffen. Allerdings darf hier die langfristige Dynamik des Konzerns nicht aus den Augen gelassen werden. Entsprechend gibt man die Papiere nach wie vor nicht vorschnell aus der Hand; (B+). 

  • Die Pläne von Konzernchef Arvind Krishna, den Computer-Dino IBM mehr auf den Bereich Software- und Dienstleistungen zu fokussieren, scheint sich auszuzahlen. Im 2. Semester blieb der Erlös mit 15,5 Mrd. $ zwar auf Vorjahresniveau. Bereinigt um Währungseffekte sei dies im Vergleich zum Vorjahr jedoch ein Anstieg um 0,4 %. Der Gewinn nach Steuern zog indes um 14 % auf 1,6 Mrd. $ an. Entsprechend optimistisch gibt sich das Unternehmen für den weiteren Jahresverlauf: Demnach soll der Erlös bereinigt um Wechselkurseffekte um 3–5 % (2022: 60,53 Mrd. $) steigen.

Nach der Kurskorrektur scheint sich IBM derzeit zurückzukämpfen. Dabeibleiben! (B+). 

  • Nachdem im Mai der Coronanotstand in den USA offiziell beendet wurde, profitiert der Gesundheitsgigant Abbott Laboratories von der starken Nachfrage nach seinen medizinischen Geräten und Diabetesprodukten. Das Unternehmen erzielte in den 3 Monaten bis Ende Juni alleine hiermit einen Umsatz von 4,3 Mrd. $. Auf sein Glukosemessgerät Freestyle Libre entfielen 1,3 Mrd. $. Zwar konnte der Konzern damit rückläufige Umsätze mit Corona-Tests etwas abdämpfen, allerdings sanken die Gesamterlöse auf 9,98 (11,27) Mrd. $. Nach Steuern fiel der Gewinn mit 1,38 Mrd. $, nach 2,02 Mrd. $ im Vorjahr, ebenfalls geringer aus. Auf Jahressicht peilt das Unternehmen derweil einen Gewinn je Aktie in der Bandbreite von 3,02–3,22 (3,91) $ an.

Abbott Lab versucht die Rückgänge aus dem Coronageschäft nach und nach aufzufangen. Hier bleibt man vorerst investiert; (B+). 

  • Der E-Autopionier Tesla hat nach Preissenkungen ein Rekordquartal eingefahren – zumindest umsatzseitig. Der Erlös sprang im Jahresvergleich um 47 % auf 24,9 Mrd. $ an. Netto stand derweil ein Ergebnisplus von gut 20 % auf 2,7 Mrd. $ in der Bilanz. Insgesamt lieferte der Konzern im Berichtszeitraum die Rekordzahl von gut 466.000 Fahrzeugen aus. Das war auch eine Folge von Preissenkungen. Firmenchef Elon Musk hatte betont, dass er für Wachstum auch einen Rückgang der Profitabilität in Kauf nehmen würde.

Tesla kann trotz volatilem Umfeld überzeugen. Hier fährt man erstmal weiter mit; (B+).

  • Abfindungen in Höhe von gut 300 Mio. $ haben den Gewinn von Morgan Stanley im 2. Quartal belastet. Während die gesamten Erträge dank eines Rekordgeschäfts in der Vermögensverwaltung für reiche Kunden um 2,5 % auf knapp 13,5 Mrd. $ anstiegen, fiel der Gewinn nach Steuern mit 2,2 Mrd. $ gut 13 % geringer aus. Schon im 1. Quartal hatte die Bank wegen einer Schwäche im Investmentbanking einen Rückgang der Erträge verbucht und fast ein Fünftel weniger verdient als ein Jahr zuvor.

Morgan Stanley gibt derzeit trotz eher verhaltener Zahlen wieder Gas. Hier bleiben Anleger nach wie vor investiert; (B+). 

 

  • Trotz deutlich höherer Rückstellungen für Kreditausfälle konnte American Express in den 3 Monaten bis Ende Juni ein höheres Ergebnis einfahren. Die Gesamterträge stiegen im 2. Quartal um 12 % auf 15,05 Mrd. $. Mit knapp 2,2 Mrd. $ lag der Überschuss 11 % höher als ein Jahr zuvor. Insgesamt legte das Unternehmen mit rund 1,2 Mrd. $ knapp dreimal so viel für ausfallgefährdete Kredite zurück wie ein Jahr zuvor. Anders als die größten Konkurrenten wickelt American Express nicht nur Kartenzahlungen ab, sondern vergibt auch die eigentlichen Kredite und muss sich deshalb gegen Zahlungsausfälle absichern.

American Express lässt man langfristig weiterlaufen; (B+).

  • Dank des guten Zinskurses und starker Geschäfte in den Bereichen Sicherheit und Aktienhandel konnte die amerikanische Bank of New York Mellon zwischen April und Juni einen Umsatz von 4,45 (4,25) Mrd. $ verzeichnen. Und auch nach Steuern schaffte es der Konzern, sich den aktuell angespannten Marktbedingungen zu widersetzen und verbuchte einen höheren Gewinn von 1,07 Mrd. $, nach 864 Mio. $ im Vorjahr.

Auch wenn die Zahlen bei der Bank of New York Mellon durchaus positiv stimmen, bleiben die langfristigen Unsicherheiten bei der Großbank nach wie vor bestehen. Abstand halten; (B). 

  • Der Ölkonzern Chevron hat im abgelaufenen Quartal bis Ende Juni nur gut halb so viel verdient wie zur Zeit des starken Ölpreisanstiegs ein Jahr zuvor. Allerdings machte Chevron mit 6 Mrd. $ mehr Gewinn als erwartet. Vor einem Jahr hatte der Konzern u.a. dank hoher Energiepreise wegen des Angriffskrieges von Russland gegen die Ukraine 11,6 Mrd. $ Ergebnis eingestrichen. Darüber hinaus gab Chevron bekannt, dass CEO Mike Wirth seinen Vertrag entgegen bisheriger Annahmen doch verlängert hat. Dabei sieht sich der Manager aktuell einigen Herausforderungen gegenüber: Anleger zweifeln etwa daran, ob Chevron die Ziele beim jährlichen Produktionswachstum von rund 3 % angesichts der Förderprojekte des Konzerns bei fossilen Energien einhalten kann. Im 2. Quartal konnte Chevron indes die Fördermenge im Permbecken (einem großen Ölfeld in Texas) immerhin um 11 % steigern.

Dass sich nach der Öl-Rally zunächst eine Normalisierung einstellt, ist nicht überraschend. Allerdings zeigt sich Chevron derzeit alles andere als reizvoll; (B).