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Ex-Postbank-Aktionäre können wieder auf Nachzahlung hoffen

Im langen Rechtsstreit mit der Deutschen Bank können einstige Postbank-Aktionäre doch wieder auf mehr Geld hoffen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hob am Dienstag in zwei Muster-Verfahren Entscheidungen des Kölner Oberlandesgerichts (OLG) auf, das Nachforderungen der Anleger zuletzt zurückgewiesen hatte. Die Karlsruher Richterinnen und Richter sehen nach wie vor offene Fragen, die nun in Köln im inzwischen dritten Anlauf geklärt werden müssen. 

Die Klägerinnen und Kläger werfen der Deutschen Bank vor, ihnen bei der Komplettübernahme der Postbank viel zu wenig Geld für ihre Aktien gezahlt zu haben. Für das Frankfurter Geldhaus steht viel auf dem Spiel. Laut Geschäftsbericht ist in dem Komplex "eine wesentliche Anzahl an weiteren Klagen" beim Kölner Landgericht anhängig. Insgesamt geht es demnach um Nachforderungen in Höhe von fast 700 Millionen Euro. Rechtsanwalt Oliver Krauß, der zahlreiche Kläger vertritt, geht davon aus, dass sich die Gesamtsumme inklusive Zinsen inzwischen auf ungefähr eine Milliarde Euro belaufen dürfte. 

Die Deutsche Bank hatte die Postbank zwischen 2008 und 2015 vollständig übernommen. Den Anteilseignern wurde im Oktober 2010 ein freiwilliges Übernahmeangebot von 25 Euro je Aktie gemacht. Es wurde für mehr als 48 Millionen Aktien angenommen - auch von den Klägern. 

Kernfrage des Streits ist, ob die Deutsche Bank faktisch schon früher bei der Postbank das Sagen hatte. Dann hätte das Geldhaus bereits zu diesem Zeitpunkt ein Pflichtangebot unterbreiten müssen. Und vor der Finanzkrise hatte der Kurs der Postbank-Aktie deutlich höher gelegen. Die Kläger meinen, ihnen hätten 57,25 Euro je Aktie zugestanden. 

Laut Gesetz hat der Bieter die Kontrolle übernommen, wenn er mindestens 30 % der Stimmrechte hält. Die Deutsche Bank hatte mit der Deutschen Post ursprünglich 2008 den Erwerb einer Minderheitsbeteiligung von 29,75 % vereinbart - also knapp unter der Schwelle. Darüber hinaus gab es allerdings ein schwer durchschaubares Geflecht von Vereinbarungen. Nach Ansicht der Kläger hätten die Stimmrechte aus den Aktien im Besitz der Deutschen Post deshalb damals schon der Deutschen Bank zugerechnet werden müssen. 

Die Beurteilung dieser Frage ist hochkomplex. Der Vorsitzende Richter Manfred Born sagte bei der Urteilsverkündung, die entscheidende Vorschrift im Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz sei auch für erfahrene Kapitalmarktjuristen nicht einfach zu handhaben. 

Das OLG muss sich nun unter anderem mit der Frage befassen, ob die Deutsche Post damals Postbank-Aktien bereits "für Rechnung" der Deutschen Bank gehalten hat, wie es im Gesetz heißt. Hierbei kommt es darauf an, wer die Chancen und Risiken aus den Aktien trägt, also von einer möglichen Dividende profitieren würde. Der BGH hält es für möglich, dass das schon die Deutsche Bank gewesen sein könnte. 

Anleger-Anwalt Krauß äußerte sich "sehr zuversichtlich" für die nächste Runde. Er sagte, die Kläger seien auch schon immer zu einem Vergleich bereit gewesen, aber von der Deutschen Bank sei "noch überhaupt keine Regung in diese Richtung gekommen". 

Ein Sprecher der Deutschen Bank teilte mit: "Es bleibt bei unserer Rechtsauffassung, dass die Klagen unbegründet sind." Vor dem Oberlandesgericht werde man diese Auffassung weiter vertreten. 

Der BGH hatte in dem Streit 2014 schon einmal ein Urteil verkündet und die Sache zur genaueren Prüfung nach Köln zurückverwiesen. Daraufhin war am OLG noch einmal umfangreich verhandelt worden, die Richter vernahmen neue Zeugen und ließen sich Verträge vorlegen. Am Ende waren beide Klagen im Dezember 2020 abgewiesen worden. 

In dem einen Verfahren streitet das Anlegermagazin Effecten-Spiegel, das 150 000 Postbank-Aktien hatte, um eine Nachzahlung von fast 5 Millionen Euro. Im zweiten Verfahren sind Forderungen verschiedener Aktionäre zusammengefasst. Diesen Klägern hatte das Kölner Landgericht 2017 insgesamt mehr als 47 Millionen Euro zugesprochen. Das OLG hatte dieses Urteil später aufgehoben. (Az. II ZR 9/21 u.a.)(dpa)