Immer mehr Unternehmen verzichten darauf, die Preisbremsen auf Gas und Strom in Anspruch zu nehmen. Sie verweisen dabei auf schwer zu erfüllende Voraussetzungen. Die Hilfen, die eigentlich allen Unternehmen mit deutlich höheren Energiekosten zugutekommen sollten, drohen damit ihren Effekt zumindest teilweise zu verfehlen.
Wacker Chemie gab an, in der jetzigen Form seien die Regelungen nicht nutzbar und stellten keine Entlastung dar. Ähnlich äußerte sich ein Sprecher des Industriekonzerns Thyssenkrupp: "Thyssenkrupp prüft derzeit noch, ob einzelne Unternehmen der Gruppe anspruchsberechtigt sein könnten, das dürfte aber an der 40-%-Regel scheitern." Diese hatte zuvor bereits der Präsident des Industrieverbandes BDI, Siegfried Russwurm, kritisiert: "Wegen der strengen EU-Vorgaben muss ein Unternehmen, das von der Bremse profitieren will, schon vorher wissen, ob sein Gewinn im kommenden Jahr um mindestens 40 % zurückgeht. Das ist unrealistisch."
In den parlamentarischen Beratungen hatte sich die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP in letzter Minute noch darauf verständigt, dass Unternehmen, die mehr als 25 Mio. € staatliche Unterstützung bekommen, vereinbarte Boni oder Dividenden nicht mehr erhöhen dürfen. Bei mehr als 50 Mio. € wird die Auszahlung ganz untersagt. Unternehmen, die mehr als 2 Mio. € Energiekostenzuschüsse erhalten, müssen sich zudem verpflichten, 90 % der Arbeitsplätze bis April 2025 zu erhalten. Der Großhandelsverband BGA teilte mit, das Verfahren sei zu kompliziert. "Vor allem die vorgesehene Beschäftigungsgarantie ist für viele kleine und mittelständische Unternehmen ein Risiko."
Die Gas- und Strompreisbremsen können unterdessen wie geplant ab Januar Haushalte, Gewerbe und Industrie entlasten. Das Gesetzespaket passierte am Freitag auch den Bundesrat. Am Donnerstag hatte der Bundestag bereits grünes Licht gegeben. Der Gas-, Fernwärme- und Strompreis wird damit für einen Basisverbrauch gedeckelt. Dies wird zwar erst ab März umgesetzt, dann werden aber die Monate Februar und Januar rückwirkend berücksichtigt. Die Kosten von Haushalten und Gewerbe werden für 80 % des erwarteten Jahresverbrauchs auf 12 Cent pro Kilowattstunde begrenzt. Für Mengen darüber hinaus gilt der höhere Marktpreis, um einen Sparanreiz zu haben. Beim Strom soll der Deckel bei 40 Cent liegen. Die Preisbremsen greifen bis April 2024. Für die rund 25.000 Groß-Verbraucher der Industrie soll ebenfalls ab Januar ein Preis von 7 Cent für 70 % des Gasverbrauchs und von 13 Cent beim Strom gelten.