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Der ES-Adventskalender

Die Künstliche Intelligenz (KI) hat dem Quantencomputing zuletzt etwas die Show gestohlen. Doch Quantencomputing ist die Komplementärtechnologie für die KI und „gilt als nächster Evolutionsschritt der Menschheit“. Hier schlummert noch reichlich Kursfantasie zwischen "0" und "1".

  • Was unterscheidet Quantencomputer von anderen Rechnern?

Quantencomputer nutzen für ihre Berechnungen die physikalischen Gesetze der sogenannten Quantenwelt, die für subatomare Partikel wie Elektronen oder Photonen gelten. Sie widersprechen teilweise denen, die Menschen aus dem Alltag kennen. 

Herkömmliche Rechner arbeiten mit Bits. Dieses hat zwei Zustände: Null oder Eins. Bei Quantenrechnern heißt die kleinste Recheneinheit Qubit, das nicht nur die Zustände Null oder Eins, sondern theoretisch unendlich viele Zwischenstadien annehmen kann. Dadurch können mehrere Schritte gleichzeitig abgearbeitet werden. 

Die Rechengeschwindigkeit steigt exponentiell, wenn mehrere Qubits miteinander verbunden - im Fachjargon quantenverschränkt - werden. Denn jede Veränderung eines Qubits wirkt sich unmittelbar auf die anderen aus. 

 

  • Wie erhält man ein Qubitt?

Meist werden elektrisch geladene Atome in einer aus elektromagnetischen Feldern bestehenden "Ionenfalle" eingesperrt. Diese werden dann mit Mikrowellen beschossen, um die Qubits in einen bestimmten Zustand zu bringen beziehungsweise die Information über den Zustand auszulesen. 

Der US-Technologiekonzern Google experimentiert dagegen mit schwachen elektrischen Strömen, die auf winzigem Raum im Kreis fließen. Diese werden dann wie Ionen mit Mikrowellen beschossen. Andere Forscher wollen Lichtteilchen oder Photonen als Qubits nutzen. 

 

  • Wird die Quantenphysik technisch bereits genutzt?

Es gibt bereits zahlreiche Anwendungen, die auf den Gesetzen der Quantenphysik basieren. Hierzu gehören beispielsweise Laser, die an Scanner-Kassen eingesetzt werden. Auch bei Smartphone-Bildschirmen oder Navigationssystemen spielen sie eine wichtige Rolle. 

Quantencomputer sind bislang über das Experimentier-Stadium kaum hinaus, da sie noch fehleranfällig sind. Daher setzen einige Firmen wie das deutsche Startup Terra Quantum auf sogenanntes hybrides Quantencomputing. Dabei läuft die speziell für Quantencomputer entwickelte Software auf klassischen Hochleistungsrechnern. Dies bringt den Angaben zufolge bereits einen Geschwindigkeitsvorteil. Ihr volles Potenzial könnten diese Programme aber erst in Quantencomputern ausschöpfen. 

  • Status Q

Mit großer Spannung sehen Experten dem sogenannten Q-Day entgegen, dem Tag, an dem jede klassische Verschlüsselung von einem Quantencomputer geknackt werden kann. US-Behörden gehen davon aus, dass der Fall in rund 6 Jahren eintritt. „Danach haben Sie ein Problem, wenn Sie keine quantengeschützte Verschlüsselung verwenden – egal ob es um eine Kreditkarte oder eine Bombe geht“, warnte zuletzt der Chef des deutsch-schweizer Startups Terra Quantum, Markus Pflitsch, am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz deutlich. Ferner bemängelte er die fehlende kritische Einsicht in Europa für die Bedeutung des Themas. „Es fehlt das strategische Bewusstsein, dass diese Technologie in einigen Jahren darüber entscheidet, ob man abwehrfähig ist.“ Anders als die Europäer haben die USA die strategische Bedeutung der Technologie erkannt und bringen sich in dem Bereich bereits in Stellung. Immerhin ist Europa bei der Quantencomputing-Forschung mit im Spiel, aber bei der Umsetzung fällt der Kontinent noch hinter den USA und China zurück.

Apple beginnt bereits damit, seinen Chatdienst iMessage gegen künftige Angriffe mit Quantencomputern zu schützen, die heutige Verschlüsselungstechniken aushebeln könnten. Es dürften zwar Jahre vergehen, bis solche Attacken möglich werden - doch handeln müsse man schon heute, teilte der Konzern mit. Denn mit sinkenden Speicherkosten könnten Angreifer versuchen, nach heutigem Stand sicher verschlüsselte Kommunikation in großen Mengen abzugreifen – und den Schutz später knacken. Das neue Modul mit dem Namen PQ3 soll jetzt verschickte Nachrichten gegen solche Angriffe sichern. Es soll ab diesem Monat schrittweise in die verschiedenen Betriebssysteme integriert werden.

Quantencomputing hat die Forschungslabore somit teilweise schon verlassen und steht zum Beispiel als Cloud Service bei verschiedenen Providern zur Verfügung. Amazon Braket, der Quantecomputing-Service von der Amazon-Cloudsparte AWS, soll es Kunden leichter machen, wissenschaftliche Forschung und Softwareentwicklung mit Quantencomputern durchzuführen. „Quantencomputing nähert sich einer Phase der Kommerzialisierung, die unsere Welt verändern könnte”, resümierte zuletzt auch IBM. Die Europäische Union (EU) fördert den Bau von Quantencomputern, vor allem von europäischen Lieferanten. Demnach soll in diesem Jahr ein neuer Supercomputer namens „Jupiter“ im nordrhein-westfälischen Jülich gebaut werden, den das deutsche Unternehmen ParTec zusammen mit dem französischen IT-Dienstleister Atos entwickelt. „Damit werden große Umsätze über die Bücher von ParTec gehen“, heißt es in dem Bericht. Der Konzern aus München entwickelt und produziert modulare Super- und Quantencomputer und ist seit Juli 2023 an der Börse notiert.

  • KI & Quantencomputing

Die beiden Tech-Megatrends schließen sich nicht aus, sondern ergänzen sich. Denn Quantencomputing kann die KI durch Beschleunigung von Hochleistungsrechnern (HPC) verbessern. Diese Technologie ermöglicht es der KI, immer schwierigere Probleme in einer Vielzahl von Branchen und Disziplinen anzugehen. So wird die Technologie zum Beispiel für verschiedene Anwendungen eingesetzt, die den Energiesektor grundlegend verändern. Die für die Wartung, Verarbeitung und Optimierung von Energiesystemen benötigte Datenmenge nimmt mit dem Wachstum der weltweiten Energienetze exponentiell zu. Damit steigt auch die Belastung für die Sicherheits- und Verbindungssysteme der Netze. Hier kann Quantencomputing einen Wandel in der Branche einleiten. Das hat auch Nvidia erkannt und deshalb spezielle Softwareangebote entwickelt. Gemeinsam mit Superchips des US-Unternehmens werden entsprechende Software-Tools jetzt auch vom australischen Pawsey Supercomputing Research Centre (Forschungseinrichtung, die sich auf das Hochleistungsrechnen spezialisiert hat) eingesetzt, das dem Quantencomputing zum kommerziellen Durchbruch verhelfen soll.

Quantencomputing bietet für viele Branchen enorme Chancen. Deshalb jetzt die richtigen Aktien ins Depot programmieren! (siehe auch hier).