Ein Debakel mit riskanten Finanzanlagen in den USA überschattet ein Rekordjahr der Allianz. Mehr als 3,7 Mrd. € kostet es den Münchner Versicherungsriesen, die Klagen von Anlegern und Untersuchungen der US-Behörden beizulegen. Mit den meisten großen US-Investoren habe man sich auf einen Vergleich geeinigt, sagte Vorstandschef Oliver Bäte in München. Sie hatten mit Hedgefonds von Allianz Global Investors (AllianzGI) zu Beginn der Corona-Krise Milliarden verloren - "Verluste, die wir bedauern", wie Bäte betonte. Die Gespräche mit dem US-Justizministerium und der Börsenaufsicht SEC seien aber noch "in einem sensiblen Stadium". Die Belastungen könnten deshalb noch steigen, auch wenn der Löwenanteil mit den in der Bilanz 2021 gebildeten Rückstellungen von 3,7 Mrd. € vor Steuern verkraftet sein dürfte.
Der Nettogewinn des Konzerns lag trotz der Belastungen mit 6,6 Mrd. € im vergangenen Jahr nur um 3 % unter dem von der Coronakrise geprägten Vorjahreswert. Das war aber der niedrigste Wert seit 2013. Operativ lief es prächtig: Der Rekordgewinn von 13,4 Mrd. € lag um ein Viertel über dem Vorjahresniveau und über den eigenen Erwartungen. Die Aktionäre sollen unter der Hedgefonds-Affäre nicht leiden: Die Dividende soll kräftig um 1,20 € auf 10,80 € je Aktie steigen. Daneben will die Allianz noch im 1. Quartal damit beginnen, eigene Aktien zurückzukaufen und damit bis zu eine Milliarde Euro überschüssiges Kapital an die Anteilseigner zurückgeben.
Vorstand muss bei Boni Abstriche machen
Der gesamte Vorstand werde die Verluste dagegen über den Bonus für 2021 im eigenen Geldbeutel spüren und damit "seinen fairen Anteil tragen", sagte Bäte. Die für Asset Management zuständige Vorständin Jacqueline Hunt war bereits im Herbst vorzeitig aus dem Gremium ausgeschieden.
Der Fehlschlag mit den von der Anlagetochter AllianzGI entwickelten und verkauften "Structured Alpha"-Hedgefonds hatte dem Versicherer Negativschlagzeilen beschert. Die Papiere waren vor allem an große Pensionsfonds verkauft worden, die an eine sichere Anlage glaubten. Doch als die Märkte 2020 wackelten, verloren sie einen Großteil ihres Einsatzes. Gut zwei Dutzend Investoren haben die Allianz auf gut 6 Mrd. $ verklagt, weil die Fonds sich anders als versprochen nicht als krisensicher entpuppt hatten. Sie werfen ihr vor, angesichts der zeitweiligen Panik an den Märkten von ihrer Investmentstrategie abgewichen zu sein. Das hatte auch die US-Aufsichtsbehörden auf den Plan gerufen.
Der Konzernlenker drängte auf eine baldige Beilegung der Klagen, um die Allianz vor weiterem Rufschaden zu bewahren. "Ich bin sehr zufrieden mit dem Fortschritt", sagte er. Analysten und Fondsmanager zeigten sich erleichtert.
"Trotz anhaltender Herausforderungen im Jahr 2021 hat die Allianz ihre Widerstands- und Anpassungsfähigkeit unter Beweis gestellt", formulierte Vorstandschef Bäte. Der Versicherer steigerte den Umsatz - die Summe aus Beitragseinnahmen in der Versicherung und Fonds-Gebühren - um 6 % auf 148,5 Mrd. €. Am besten verdiente erneut die Schaden- und Unfall-Versicherung, deren operatives Ergebnis angesichts des Endes der Corona-Belastungen und trotz der Milliardenschäden aus der Flutkatastrophe im Westen Deutschlands um 31 % auf 5,7 Mrd. € in die Höhe schnellte
In der Lebens- und Krankenversicherung, aber auch im Asset Management verdiente die Allianz jeweils deutlich mehr als geplant. Die Anleger bei den Kapitalanlage-Töchtern Pimco und AllianzGI zeigten sich von dem Hedgefonds-Debakel unbeeindruckt. Ihnen flossen 110 Mrd. € zu, so dass die Allianz zum Jahresende 2,61 Billionen € für Fondsinvestoren und für ihre Versicherungskunden verwaltete. Lebensversicherung und Asset Management sollen in den nächsten Jahren zusammenwachsen, wie Bäte ankündigte. Produkte sollen gemeinsam entwickelt werden, die Kapitalanlage findet ohnehin koordiniert statt.
Im laufenden Jahr will die Allianz das operative Ergebnis bei 13,4 Mrd. € halten - mit der üblichen Spanne von 1 Mrd. nach oben und unten. Wenn das gelingt, dürften die für 2024 angepeilten mindestens 14,5 Mrd. € keine große Hürde mehr darstellen.
Nun sind die Verunsicherungen durch die US-Verfahren raus. Die Allianz glänzt mit guten Zahlen und einer satten Dividendenrendite von 5,0 %; (B+).